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Leading Change oder „Change mich doch am Arsch!“?


Auf der einen Seite steht mit „Leading Change“ ein Klassiker der Management Literatur von John P. Kotter, der in seinem Werk die 8 Schritte der erfolgreichen Veränderung im Unternehmen beschreibt… auf der anderen Seite mit „Change mich doch am Arsch!“ der Hilferuf eines Mitarbeiters, der gerade seiner aktuellen Überforderung Luft gemacht hat.


Doch wie konnte es dazu kommen?

Im konkreten Fall stand ich im Trainingsraum eines Unternehmens und wir waren in einer regen Diskussion über die Notwendigkeit der Veränderung. Ich wusste, dass das Unternehmen bereits einige Veränderungs- und Verbesserungsinitiativen durchgeführt hatte und die ersten Erfolge verbuchen konnte. Diese Erfolge waren in den Kennzahlen messbar in den Köpfen der Mitarbeiter jedoch noch lange nicht angekommen, da die Veränderungsinitiativen - wie ich später feststellen durfte - sehr stark Management getrieben waren.



Die acht Schritte erfolgreicher Veränderungsprozesse


1. Relevanz erzeugen – Warum brauchen wir die Veränderung?

2. Führungsteam aufbauen – Wer treibt die Veränderung?

3. Vision und Strategie entwickeln – Wie kommen wir ans Ziel?

4. Transparenz erzeugen – Wie kommunizieren wir wirkungsvoll?

5. Mannschaft qualifizieren – Wie befähigen wir uns und das Team?

6. Erfolge erzielen – Wie kommen wir schnell in die Wirksamkeit?

7. Nachhaltigkeit schaffen – Wie stabilisieren wir die neuen Prozesse?

8. Kultur verankern – Wie schaffen wir eine Veränderungskultur?




Soviel zur Theorie in Anlehnung an John P. Kotter - doch was ist in diesem konkreten Fall passiert?

Der Führungsriege war absolut bewusst, dass Veränderung notwendig ist, um die Unternehmensziele zu erreichen und alle standen hinter der Veränderungsinitiative.


Die Vision und die Umsetzungsstrategie waren ebenfalls erarbeitet und anschließend wurden die Ärmel hochgekrempelt und es wurden zusammen mit den Mitarbeitern Ergebnisse erzielt.


Viele Maßnahmen, die umgesetzt wurden, waren bereits manifestiert in den Köpfen der Führungskräfte und in den Workshops mit den Mitarbeitern sprachen zumeist die Führungskräfte. In diesem Taten- und Umsetzungsdrang wurden die Mitarbeiter abgehängt und waren nicht Teil der Veränderung, sondern wurden gefühlt zu Erfüllungsgehilfen der Führungskräfte. In Teilen der Mannschaft machte sich der Eindruck breit, dass mit der Verbesserung, die letzten Prozentpunkte aus den Mitarbeitern herausgepresst werden sollten und dass die Veränderung auf deren Rücken stattfinden sollte.


Der Mehrwert und der Nutzen der Veränderungen für die Mitarbeiter wurden nicht kommuniziert, obwohl diese definitiv vorhanden waren. Die Verbesserung ist über die Steigerung der Produktivität im Prozess bestätigt worden. Dass diese erreicht wurde, indem unnötige Arbeitsschritte aus dem Prozess genommen wurden und Störungen aktiv reduziert wurden blieb unerwähnt, was hängen blieb: „Wir müssen jetzt mehr rausbringen!“.


Die Veränderung wurde trotz aller positiven Aspekte als Verschlechterung der Arbeitsbedingungen wahrgenommen und das, obwohl die Führungskräfte zusammen mit den Mitarbeitern umgesetzt hatten und viel eigenes Herzblut in die Projekte gesteckt hatten.



Die fünf Schlüssel wirksamer Veränderung


Kotter arbeitet in seinem Werk die Leadership-Perspektive im Zusammenspiel mit den Mitarbeitern heraus und formuliert auch seine Hauptschritte aus der Sicht der Führungskraft heraus. Unsere Führungskräfte gingen in den Projekten auch voran und machten die Veränderung zur Chefsache und verloren hierbei die Mitarbeiter.


Die fünf Schlüssel der wirksamen Veränderung sind deshalb bewusst so formuliert, dass diese sowohl für Führungskräfte als auch für die Mitarbeiter gelten.


Schlüssel Nr. 1: Schaffen Sie Klarheit

Erarbeiten Sie sich ein gemeinsames Zielbild, das es sich zu erreichen lohnt und brechen Sie dieses herunter, um es greifbarer zu machen. Unternehmensziele werden zu Abteilungszielen und diese werden zu persönlichen Zielen.



Machen sie diese Ziele attraktiv: Aus „Steigerung der Produktivität um x%“ wird so „Reduzierung der Feuerwehraktionen um 80%“ – die Maßnahmen zur Zielerreichung können hierfür dieselben sein, den Mitarbeiter selbst stört jedoch meist der Stress, der mit den Feuerwehraktionen verbunden ist.


Schlüssel Nr. 2: Schaffen Sie Transparenz

Packen sie die Fakten auf den Tisch und schaffen sie ein gemeinsames Verständnis hinsichtlich des Status Quo: Wie ist die Perspektive der Führungskräfte? Wie die der Mitarbeiter und wie die der Schnittstellen?


Gehen sie vorort in die Analyse, um eine ganzheitliche Sicht auf den Prozess zu bekommen und um in Nachgang die richtigen Dinge umzusetzen.

Schlüssel Nr. 3: Definieren Sie die nächsten Schritte

Zwischen ihrem Status Quo und Ihrem Ziel gibt es in der Regel eine Lücke und Gründe, weshalb ihr Zielzustand noch nicht erreicht werden kann. Erarbeiten sie gemeinsam Maßnahmen, um diese Lücke zu schließen.

Preschen sie als Führungskraft mit potenziellen Lösungen nicht nach vorne, sondern arbeiten sie mit entwickelnden Fragetechniken an praxisnahen Ideen, die aus der Mannschaft kommen, sodass Drive und Team-Ownership der Maßnahme entsteht.



Schlüssel Nr. 4: Führen Sie eine 360°-Ergebnisbestätigung durch

Die finale Prozessbestätigung ist eine Kernaufgabe der Führungskraft. Ein Teil dieser Prozessbestätigung kann die Bestätigung der Wirksamkeit und der Praxistauglichkeit der Maßnahme durch die Mitarbeiter sein.


Wichtig ist hierbei, dass über Potentiale und Schwachstellen offen gesprochen werden kann, um Vertrauen zu schaffen und die Verbindlichkeit zu erhöhen.


Schlüssel Nr. 5: Ermöglichen Sie die Veränderung

Veränderungsprojekte sind kein Hobby, sondern eine Chance zur Verbesserung für ihre Mitarbeiter, Ihre Prozesse und ihr Unternehmen.


Je besser das Verständnis innerhalb des Teams für den Gesamtprozess ist, desto besser werden die Ergebnisse sein. Die Basis hierfür sind Vertrauen, Qualifizierung und Zeit.


Vertrauen zur Führungskraft, dass ein faires Ergebnis für den zukünftigen Prozess angestrebt wird („Fair zum Mitarbeiter – hart zum Prozess“).


Vertrauen in die Fehlerkultur, dass im Projekt und in der Umsetzung Fehler als ein Teil der zukünftigen Lösung angesehen werden und auch Fehler in der Umstellung angenommen und aufgenommen werden.


Vertrauen in den Prozess, dass dieser nicht auf ewig in Stein gemeißelt sein wird und wenn besseres Wissen vorliegt auch flexibel angepasst werden kann.


Die Qualifizierung der Mitarbeiter ist eine Investition, die sich immer auszahlt für ein Unternehmen:


  1. Je besser die Methoden und Werkzeuge verstanden werden, desto mehr Ideen werden zurückfließen.

  2. Je mehr Ideen der Mitarbeiter von diesen umgesetzt werden, desto selbstbewusster werden diese und desto schneller kommen diese in die Wirksamkeit.

  3. Je mehr Einfluss die Mitarbeiter auf Ihren Arbeitsbereich haben, desto motivierter sind diese, da dies auch ein Zeichen der Wertschätzung ist.



Veränderung benötigt Zeit und Druck erzeugt in den seltensten Fällen Diamanten. Schaffen sie bewusst Freiräume für Veränderung und Qualifizierung, um nicht den zeitlichen Druck negativ auf eine wertvolle Veränderung abfärben zu lassen.



Zusammenfassung


Veränderungsprojekte sind dann am erfolgreichsten, wenn die Führungsebene und auch die Basis im Sinne der Prozessverbesserung zusammenarbeiten. Die Projekte sind hierbei nach der KTK-Logik aufgebaut:


  • Klarheit: Was ist mein Ziel?

  • Transparenz: Wo stehe ich?

  • Konsequenz: Was muss ich tun, um ans Ziel zu kommen?


Die Qualifizierung der Mitarbeiter und Führungskräfte wirkt hierbei auf den gesamten Prozess und auch darüber hinaus:


  • Als Basis für das Zielverständnis und die interdisziplinären Zusammenhänge

  • Zur Schaffung von Transparenz durch z. B. Prozessanalysen

  • Bei der Erarbeitung, Bewertung und Umsetzung von Ideen

  • Im Hochlauf bei der Implementierung der neuen Prozesse und bei der Stabilisierung

  • Als Know-How des Mitarbeiters, der das Gelernte auf seine anderen Prozesse transferiert und so neue Potenziale erschließt.


Veränderung wirkt, wenn sie richtig eingesetzt wird!


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